Welche Versicherung braucht man als Lehrer im Referendariat?
vom 17.08.2020
Wie Sie einen kühlen Kopf bewahren und der Lösung näherkommen.
Bereits in der Vergangenheit haben wir uns auf unserem Blog mit potenziellen „Problemthemen“ im Lehrerleben befasst. Stressbewältigung und der richtige Umgang mit Ängsten sind wichtige Kompetenzen, wenn man im Lehrerberuf bestehen und nicht im Chaos versinken will.
Doch auch mit der besten Strategie werden sich vereinzelte Problemsituationen im Schulalltag wohl niemals gänzlich vermeiden lassen: unzufriedene Eltern, Auseinandersetzungen innerhalb des Klassenverbandes, Meinungsverschiedenheiten mit der Schulleitung, aufgeheizte Diskussionen in der Dienstberatung – um nur einiges zu
nennen. Ja, und dann ist da neuerdings auch noch Corona.
Da wir es uns zur Herzensaufgabe gemacht haben, Lehrer*innen und Referendar*innen auf ihrem Weg durchs Berufsleben zu begleiten, haben wir heute wieder ein paar Tipps für Sie zusammengetragen, mit denen Sie Krisensituationen zukünftig souverän umschiffen oder es sogar schaffen, voller Energie auf ihrer Welle weiterzureiten.
1. Problemanalyse
Natürlich ist manchmal schnelles Handeln gefordert, doch in den meisten Situationen hat man durchaus genügend Zeit, strukturiert an eine Lösung heranzugehen. Nehmen Sie sich Zeit, sich mit der Situation auseinanderzusetzen und dies am besten in einer ruhigen Minute mit etwas Abstand – vielleicht auch mit einem Glas Wein.
- Wie ist das Problem entstanden?
- Was war der Auslöser?
- Wie lange besteht das Problem bereits?
- Trat das Problem plötzlich auf oder hat es sich über eine längere Zeit hinweg angekündigt?
- Wer ist beteiligt oder muss die Auswirkung des Problems tragen?
Versuchen Sie das Problem möglichst rational zu betrachten. Vielleicht gelingt es Ihnen, sich einmal gedanklich in die Rolle eines außenstehenden Betrachters zu begeben und die eigene emotionale Brille kurz abzusetzen. Häufig hilft dies, die Situation sachlicher zu bewerten.
2. Lösungsorientierung
Um eine Lösung herbeizuführen, sollte man auf bereits bestehende Ressourcen zurückgreifen. Häufig ist es nicht nötig, das Rad neu zu erfinden. Erfahrungen aus der Vergangenheit können ein guter Anknüpfungspunkt sein, um auch in aktuellen Problemsituationen zu einer Lösung zu kommen.
Folgende Fragen können Ihnen dabei helfen:
- Wie soll das Ergebnis/der Zielzustand aussehen, wenn ich das Problem gelöst habe?
- Welchen positiven Effekt erhoffe ich mir?
- Was habe ich bereits unternommen, um diesem Ergebnis näherzukommen? Mit welchen Strategien konnte ich vielleicht bereits erste (Teil-)Erfolge erzielen?
- Woran kann ich erkennen, ob meine Lösungsansätze zielführend sind? Kann ich mir sinnvolle Teilziele setzen, um den Lösungsprozess greifbarer zu machen?
- Welche ähnlichen Problemsituationen sind mir früher einmal begegnet? Wie habe ich diese gelöst?
- Gab es in der Vergangenheit Phasen, in denen das Problem nicht oder weniger stark auftrat? Was war zu dieser Zeit anders? Was hat sich verändert?
Indem man den Blick schärft für Ideen und Ansätze, mit denen man bereits Erfolg hatte, stehen die Chancen gut, dass sich dieselben oder ähnliche Strategien auch in ähnlichen Fällen wieder als hilfreich erweisen.
3. Positive Umdeutung
- Was können Sie/Ihre Kollegen/die Schulleitung/Ihre Schüler aus dem Problem für die Zukunft lernen?
- Was können Sie tun, um ähnliche Probleme in der Zukunft zu vermeiden?
- Welche Veränderungen ergeben sich aus der Situation, die sogar angenehmer/praktischer/effizienter sind? Könnte man es schaffen, diese positiven Effekte beizubehalten?
- Wer profitiert eventuell von der Situation und könnte ein Interesse daran haben, diese beizubehalten? Gibt es einen Weg, um einen Kompromiss für alle Beteiligten zu finden?
Wenn Sie sich nun schon mit dem Problem herumschlagen müssen, dann wäre es doch schön, wenn die Zeit dennoch nicht ganz verloren wäre, sondern man etwas Positives daraus mitnehmen könnte.
4. Wichtige Regeln in der Problemlösung mit Beteiligten
Vor allem als Lehrer*in sind Probleme nur sehr selten auf einen selbst beschränkt. Viel wahrscheinlicher ist es, dass es in irgendeiner Form um beteiligte Personen geht – Schüler, Kollegen, Eltern, die Schulleitung.
Insbesondere dann, wenn Sie gemeinsam mit anderen an der Lösung eines Problems arbeiten und dies aktiv vorantreiben wollen, ist es wichtig, dass Sie einige Regeln und Verhaltensweisen beachten, damit die Kommunikation wertschätzend und auf Augenhöhe stattfindet:
- Heben Sie Positives hervor, loben Sie vorhandenes Engagement und ermutigen Sie den anderen aktiv, die nötigen Veränderungen anzugehen.
- Äußern Sie nur sachliche Kritik – vermeiden Sie Wertungen und Verurteilungen.
- Kritisieren Sie niemals die Person, sondern lediglich ihr Handeln.
- Seien Sie immer bereit, auch selbst Ihren Beitrag zur Problemlösung in die Waagschale zu werfen. Was können Sie selbst tun, um zur Lösung des Problems beizutragen und wie können Sie andere Beteiligte unterstützen?
- Vermeiden Sie unbedingt, Beteiligte vor anderen bloßzustellen!
- Seien Sie authentisch. Versuchen Sie nicht eine Rolle einzunehmen, die nicht zu Ihnen passt, in der Hoffnung, hierdurch resoluter, autoritärer oder auch kumpelhafter zu wirken. Damit verspielen Sie lediglich Vertrauen.
- Seien Sie bereit, auch eigene Fehler einzugestehen. Wenn Sie Fehler gemacht haben, sollten Sie dafür geradestehen und sich, wenn angebracht, auch angemessen entschuldigen.
- Seien auch Sie selbst nicht nachtragend und bereit, zu vergeben.
- Zeigen Sie aufrichtiges Interesse an Ihrem Gegenüber und denken Sie nicht nur an Ihren eigenen Wunsch, das Problem schnell und zu Ihren Gunsten aus der Welt zu schaffen.
- Zeigen Sie sich verständnisvoll. Nehmen Sie Sorgen, Ängste und Ärger ernst.
- Bemühen Sie sich bewusst, auch mal den Standpunkt des anderen zu betrachten. Welche Gründe gibt es für sein/ihr Handeln oder Denken? Welche positive Absicht verfolgt Ihr Gegenüber?
- Versuchen Sie, eine Lösung zu finden, welche nicht nur Ihren eigenen, sondern den Bedürfnissen aller Beteiligten Raum gibt. Lösungen, welche ein ernstzunehmendes Bedürfnis gänzlich ignorieren, werden in der Regel nicht nachhaltig sein. Unter Umständen bedeutet dies auch, zu Kompromissen bereit sein zu müssen.
- Hören Sie zu und lassen Sie ausreden. Auch wenn Ihnen einige Aussagen oder Verhaltensweisen zunächst widersprüchlich oder unschlüssig erscheinen. Dies können Sie auch am Ende noch besprechen, falls Ihre Fragen immer noch bestehen.
Man sollte sich bewusst machen, dass Problemwahrnehmung immer sehr individuell ist.
Nur weil Sie selbst z. B. eine zwischenmenschliche Beziehung als problematisch empfinden, muss dies nicht heißen, dass es den anderen Beteiligten ebenso geht. Auch kann es sein, dass nur Sie selbst den Anspruch haben und bereit sind, etwas an der Situation zu verändern. Daher ist es empfehlenswert, vorab auszuloten, ob man das Problem aktiv gemeinsam lösen möchte und kann oder ob man sich darauf konzentriert, lediglich an dem zu arbeiten, was man selbst aktiv beeinflussen kann.
Fazit:
Probleme haben viele Gesichter. Eine pauschale Lösung werden Sie daher nur selten finden. Doch schon allein diese Erkenntnis hilft, sich auf jedes Problem neu einzulassen und eine möglichst individuelle Lösung zu suchen. Ihrer Kreativität sind dabei fast keine Grenzen gesetzt. Das Konzept des thinking out of the box, also außerhalb unserer üblichen Muster zu denken und zu handeln, bringt uns deshalb häufig am weitesten. Denn schließlich entstehen Probleme meist genau dann, wenn uns vertrautes Handeln plötzlich keine oder eine andere Wirkung zeigt, als wir es gewohnt sind.
In welchen Situationen haben Sie in Ihrem Schulalltag knifflige Probleme lösen müssen? Welche Tipps würden Sie anderen Lehrerinnen und Lehrern und solchen, die es noch werden wollen, mit auf den Weg geben?
Wir sind gespannt auf Ihre Erfahrungen, Tipps und Ideen.